Vom Blatt Spiel

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„In was besteht die Kunst, Prima vista zu lesen?

Kleines Mädchen spielt vom Blatt In diesem: Das Stück im rechten Tempo wie es sein soll zu spielen. Alle Noten, Vorschläge etc. mit der gehörigen Expression und Gusto, wie es steht, auszudrücken, so, dass man glaubt, derjenige hätte es selbst komponiert, der es spielt.“ (W. A. Mozart in einem Brief vom 17. Januar 1778)

Wie kann man sich diesem Ideal nähern, wenn man kein Genie ist, wie Mozart - oder Sviatoslav Richter, der nahezu alles mit der „gehörigen Expression und Gusto“ vom Blatt spielen konnte?

Der Pianist muss natürlich sein Instrument beherrschen. Er muss wissen, wie die „Noten, Vorschläge ect.“ zu spielen sind und muss diese vorher ausreichend geübt haben. Zudem braucht er musiktheoretisches Verständnis und eine ausgeprägte musikalische Vorstellungskraft.

Heinrich Neuhaus, Richters berühmter Lehrer, beginnt „Die Kunst des Klavierspiels“ wie folgt: „Bevor man beginnt, irgendein Instrument spielen zu lernen, sollte der Lernende - sei es ein Kind, ein Heranwachsender oder ein Erwachsener - bereits irgendeine Art der Musik geistig beherrschen, sie sozusagen in seinem Geiste bewahren, in seiner Seele mit sich tragen und sie mit seinen Sinnen hören. Das ganze Geheimnis des Talents und des Genies besteht darin, daß die Musik schon in seinem Gehirn ein volles Leben lebt, bevor der Lernende zum ersten Male die Tasten berührt oder den Bogen über die Saiten führt; das ist der Grund, weshalb Mozart als kleines Kind »sofort« Klavier und Geige spielen konnte.“

Von Eltern werde ich oft gefragt, ob es in Ordnung sei, wenn das Kind „nach Gehör spielt“ und nicht auf die Noten schaut. Lassen Sie das Kind ruhig „nach Gehör“ spielen. Je mehr desto besser. Die Entwicklung des Gehörs ist gleichzusetzen mit der Entwicklung der Musikalität.

Die Reihenfolge des Lernens wird besonders bei Kindern mehr oder weniger so aussehen:

  • Der Schüler lernt zunächst nach Gehör
  • Er lernt die Noten und musikalische Zeichen
  • Er bringt die Noten über das Gehör mit dem realen Klang in Verbindung
  • Er studiert die ersten Stücke nach Noten ein, lernt aber in kleinen Abschnitten sofort auswendig.
  • Nach einiger Zeit wird er in der Lage sein, leichte Stücke sofort umzusetzen, das heißt:
    Er spielt "vom-Blatt"

Die Entwicklung der Musikalität ist vergleichbar mit dem Erlernen der menschlichen Sprache. Nach Gehör lernen die Kinder zuerst das Sprechen. Viel später, bei uns in Deutschland erst im Alter von sechs Jahren, beginnen sie mit dem Lesen und Schreiben.

Ebenso beginnt das Lernen der „Sprache Musik“ mit der Ausbildung des Gehörs. Das Kind sollte möglichst frühzeitig musikalisch gefördert werden. Früherziehungsgruppen leisten hier wertvolle Dienste. Es wird gesungen, getanzt, das Rhysthmusgefühl wird gebildet usw.

In meinem Unterricht achte ich darauf, dass die Schüler möglichst früh auch nach Noten spielen. Ich halte allerdings nichts davon, zum mechanischen Abspielen zu erziehen. Kinder, die ein gutes Gehör haben, werden bekannte Lieder oder "ins Ohr gehende" Melodien schnell auswendig lernen und nicht mehr auf die Noten schauen. Deshalb ist es wichtig, das Vom-Blattspiel zusätzlich zu trainieren.

Beide Disziplinen unterstützen sich gegenseitig. Beim Auswendiglernen wird das Behalten musikalischer Zusammenhänge geübt, beim Vom-Blattspiel das schnelle Auffassen.

Vom-Blattspiel-Training

Die folgenden Übungen schulen die musikalische Vorstellung, das Gedächtnis, das Gehör, sowie die schnelle Umsetzung musikalischer Zeichen.

Der Schwierigkeitsgrad kann individuell gewählt und unbegrenzt gesteigert werden. Ich kann einfache Kinderlieder oder auch eine komplizierte Fuge von Bach als Notenmaterial benutzen.

Ein bestimmter Abschnitt des Musikstückes oder einer Melodie wird auf folgende Arten geübt:

1. Den Rhythmus lesen

Es ist sehr hilfreich den Rhythmus zuerst zu analysieren, wiederkehrende Muster zu erkennen, besondere Schwierigkeiten (Pausen, Punktierungen, 32-tel usw.) zu klären.

2. Den Rhythmus vom Blatt klatschen und dabei laut zählen.

3. Den Rhythmus des Abschnittes auswendig aufschreiben.

Bei Gedächtnislücken wird Übung 2 als ganzes wiederholt. Danach wieder Übung 3.

4. Die Melodie lesen

Zuerst die Melodie analysieren: Noten lesen, Vorzeichen, Tonart, Strukturen erkennen (Tonleitern, Dreiklänge, Tonwiederholungen, Sequenzen usw.), besondere Schwierigkeiten, (z. B. Sprünge) bewußt machen. Fingersätze klar machen. Auch Vortragszeichen beachten.

5. Die Melodie auf dem Tisch spielen und sich den Klang vorstellen.

6. Die Melodie am Instrument vom Blatt spielen und dabei laut zählen.

So langsam spielen, dass alles kontrollierbar ist und möglichst keine Fehler auftreten. Versuchen sofort ausdrucksvoll zu spielen, also auch alle Vortragszeichen beachten und möglichst sofort umsetzen.

7. Die Melodie am Instrument vom Blatt spielen und mitsingen.

8. Übung 6 und 7 so lange wiederholen, bis ein ausdrucksvoller und flüssiger Vortrag gelingt.

9. Die Melodie nach Noten singen und den Takt dazu klopfen.

10. Die Melodie auswendig am Instrument spielen.

11. Den Abschnitt der Melodie auswendig aufschreiben.

Sollte Übung 11 Probleme bereiten, die Melodie nochmal lesen und geistig vorstellen oder zu den Übungen 6-10 zurückkehren.

Natürlich dienen diese Übungen nicht nur dem Vom-Blattspiel. Es ist sehr zu empfehlen jedes neue Stück in dieser Art einzustudieren. Das wesentliche ist, ein guter Musiker zu werden, und dazu muss neben den Fingern vor allem der Kopf geschult werden. Weitere Informationen dazu finden Sie unter „Kreativ üben“

Nachdem man durch diese Übungen einige Fortschritte gemacht hat, sollte man regelmäßig neue (angemessen leichte) Stücke vom Blatt spielen. Gerhard Mantel beschreibt in seinem Buch "Einfach üben" (Schott) "...drei Modi - in drei Befehlen ausgedrückt:

  • Spiele keinen falschen Ton, egal wie der Rhythmus aussieht.
  • Spiele ein gnadenlos gleichmäßiges Metrum, ohne Rücksicht auf falsche Noten oder sogar falsche einzelne Rhythmen.
  • Spiele einen gnadenlos richtigen Rhythmus, egal welche falschen Töne oder welches Tempo dabei entstehen."

Nach weiteren Fortschritten - je nach individuellen Fähigkeiten dauert es einige Monate oder auch Jahre - sollte der Schüler seine individuelle "Blattspiel-Stufe" herausfinden. Das heißt den Schwierigkeitsgrad, bei dem er die Forderung Mozarts "Im rechten Tempo, Gusto..." gerade noch erfüllen kann.

Durch weiteres zielstrebiges Üben wird diese Blattspiel-Stufe immer weiter gesteigert. Man muss sich auf einige Jahre harte Arbeit einstellen. Aber regelmäßiges Training und große Ausdauer garantieren am Ende den Erfolg.

Haben Sie Fragen? Schicken sie mir eine E-Mail, oder melden Sie sich telefonisch für eine kostenlose Probestunde an: Tel: 089 - 8128090

Noch mehr Tipps

5 Gedanken zu „Vom Blatt Spiel“

  1. Guten Tag, für das Blattsingen musst du nur wissen was die Noten bedeuten ohne die Theorie zu können. Du musst nicht gleich wie ein Profi vom Blatt alles können, ich habe erst gelernt die Notenblätter als Hilfe zu benutzen ohne alles auswendig zu lernen.
    Zum singen lernen: Ich gehe davon aus dass dir das richtige Atmung beherrscht und nicht den selben Fehler machst wie ich beim Singen im Chor. Sonnst zuerst Töne treffen lernen, Ton auf den Klavier vorspielen, warten bis der Ton in dein Herz angekommen ist und erst dann Nachsingen. Evtl. noch Intervalle singen lernen. Dann vom Blatt singen erst richtig anfangen am Anfang ohne Vorzeichen, Kinderlieder, Volkslieder oder die selbe Musikrichtung.
    Ich nehme jetzt selbst für ein Paar Monate Unterrichtet und bin daher auf diesen Blog gestoßen, denn die Basics konnte ich nur teilweise.
    Grüße

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  2. ich habe eine frage, also bei manchen Instituten ist eine der Aufnahme Prüfungen, dass Blattspiel eine leadsheets, heisst das, dass man das toten platt dann zum 1.mal hingelegt bekommt und man muss das dann direkt spielen ?

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  3. guten tag,
    ich bin 58 jahre alt und moechte gerne noten lernen mit dem ziel, vom blatt singen zu koennen.
    koennen Sie mir eine methode und material zum selbst erlernen empfehlen?
    vielen dank!
    margret sartoris aus ulm

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